Alles neu – macht der Mai. Man kann dieses Motto für den Beginn einer neuen Reihe der ÖFO e.V. im IBBO aufgreifen. Mit dem schlichten Titel „Abendgespräche“ wurde diese Reihe am 3. Mai 2023 begonnen.
„Migration – Armut – Gesundheit“ war ein Abend mit Prof. Dr. Gerhard Trabert und Prof. Dr. Franz Hamburger überschrieben.
Die beiden in Mainz bekannten Professoren ergänzen sich harmonisch bei der Darstellung und Diskussion des weiten, aber auch herausfordernden Themas. Franz Hamburger gab einleitend einen Überblick zur Ein- und Auswanderung in Deutschland seit dem 2. Weltkrieg. Schon damals war der Krieg nicht nur ein grausames Morden, sondern auch eine „Mobilisierungsmaschine“, der Millionen Menschen zum Verlassen ihrer Heimat zwang – während und nach dem Krieg. Diese Erinnerung ist wichtig, um zu erkennen, wie die heutigen Kriege wirken und lange nachwirken. Das gilt für die Bürgerkriege in der Welt, besonders in Ex-Jugoslawien und Syrien, für die kriegerische Zerstörung des Irak, den Bombenkrieg gegen Serbien, für den langen Krieg in Afghanistan und schließlich für den heutigen Krieg in der Ukraine. Die Flüchtlinge, die heute nach Deutschland kommen, kommen weit überwiegend aus diesen Kriegsgebieten. Wer sie aus Europa fernhalten will, sollte wissen, dass er den Krieg gegen diese Menschen fortsetzt.
Gerhard Trabert kennt die Situationen der Menschen in diesen Kriegsgebieten nicht nur aus den Berichten der Medien, sondern vor allem aus eigener Erfahrung. Er versorgt Kriegsopfer, vermittelt Hilfen in Deutschland, unterstützt Menschen vor Ort hier und in den Krisengebieten. Manche Hilfen sehen bescheiden aus, erfordern aber eine intensive Arbeit. So bemüht sich Trabert seit einiger Zeit um einen Sprachkurs für einen kriegsverletzten Mann, der als Rollstuhlfahrer bisher noch keinen barrierefreien Sprachkurs gefunden hat. Ein Schwerpunkt ist in den letzten Jahren die konkrete medizinische Hilfe für Menschen, die über das Mittelmeer fliehen. Ein zweiter Schwerpunkt des von Trabert aufgebauten Vereins „Armut und Gesundheit“ ist eine Ambulanz im türkisch-syrischen Krisengebiet, in dem zudem ein furchtbares Erdbeben die Menschen heimgesucht hat. Davon wusste er zu berichten.
Insbesondere seine Beschreibungen der Fluchtursachen und der furchtbaren Bedrängnisse auf der Flucht machten deutlich, dass es schreckliche Belastungen sind, die zur Flucht drängen.
Die Veranstaltung war mit einer deutlichen Kritik an der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik verbunden. Aber gleichzeitig wurde von den beiden Rednern und von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Wert und die gute Erfahrung der konkreten Unterstützung geflüchteter Menschen betont. Medizinische Hilfe und Beratung einerseits, Sprachkurse, Begleitung bei der Bewältigung schulischer Anforderungen und psychosoziale Beratung erweisen sich als lebensnotwendig.
Gefördert wurde die Veranstaltung von der Flüchtlingskoordination der Landeshauptstadt Mainz. Wir bedanken uns für die Unterstützung.
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